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So sind Sei sicher
Es ist so schnell passiert: Durch einen Fahrfehler, plötzliche Gewichtsverlagerung oder Seegang kentert das Boot. Der Fahrer rammt Treibgut oder muss plötzlich ausweichen und ein Beifahrer geht über Bord. Und jetzt beginnt das Horror-Szenario erst. Fällt ein Mensch in unter 15 Grad kaltes Wasser, kommt es zu einer Störung des geregelten Atemrhythmus. Der Verunfallte versucht krampfartig, im schlimmsten Falle unter Wasser, Luft zu holen. Je nach körperlichem Zustand kann es zum Kreislaufzusammenbruch oder Herzinfarkt kommen. Es ist nicht wie oft angenommen so, dass eine Person mit vollgesaugter Kleidung einfach untergeht. Die Kälte ist unser größter Feind. Wenn die Temperatur im Körper auf unter 35 Grad sinkt, droht der Tod durch Hypothermie (Lähmung,
die zu Bewusstlosigkeit führt). Das Wasser in Norwegen hat selten mehr als zehn Grad, oft sind es nur vier bis sechs. In normaler Bekleidung verliert der Körper schnell an Wärme, Schwimmbewegungen verstärken diesen Vorgang noch. Schon nach fünf Minuten in fünf Grad kaltem Wasser wird es lebensbedrohlich. Ohnmacht tritt ein, ohne Rettungsweste kommt wahrscheinlich der schnelle Tod durch Ertrinken. Jetzt werden Sie vielleicht denken: Die Kameraden ziehen mich schon wieder an Bord. Das sollten und müssen sie auch unbedingt versuchen. Wer ein solches Manöver aber noch nicht durchgeführt hat, kann sich kaum vorstellen, wie schwierig es ist, einen Verunglückten mit vollgesogener Kleidung bei Wind und Welle zu bergen! Womöglich bringt sich die ganze Besatzung in Gefahr. Spätestens, wenn der Verunglückte das Bewusstsein verliert, wird es richtig brenzlig! Daher gilt: unverzüglich einen Notruf absetzen, eine Rakete abschießen und andere Mittel ergreifen, um auf die Notsituation aufmerksam zu machen. Rettungswesten und Floater können unser Leben retten. Wir haben beide genauer unter die Lupe genommen.
AntikeWesten bestanden aus aneinandergereihten Korkstücken, die man sich um den Körper band. Heute werden Feststoffwesten mit Schaumstoff- Fütterung getragen oder automatische Westen. Diese enthalten einen zusammengelegten Auftriebskörper und eine Auslöseautomatik, in die eine Kohlendioxydpatrone eingeschraubt ist. Stürzt der Träger ins Wasser, löst sich eine Salztablette auf und gibt den Federmechanismus frei, der die CO2-Patrone ansticht und der Auftriebskörper füllt sich. Über eine Zugvorrichtung kann die Weste auch per Hand ausgelöst werden. In jedem Modell sollte sich heutzutage ein Etikett befinden, auf dem alle relevanten Angaben zu lesen sind. Hier ist das maximale Gewicht des Trägers angegeben, für welche Gewässer das Produkt vorgesehen ist und der Auftrieb in Newton.
50 Newton:
Hier handelt es sich meist um Feststoffwesten, die in Norwegen leider auch in professionellen Angelcamps ausgegeben werden. Gefährlich, denn diese Westen sind nur für geschützte Gewässer und gute Schwimmer vorgesehen, wenn sich Hilfe in der Nähe befindet. Und diese Modelle sind nicht ohnmachtsicher. Der Begriff beschreibt die Fähigkeit der Weste, eine bewusstlose Person zu drehen und in eine Lage zu bringen, in welcher der Mund über dem Wasser ist. Nach der 50N Klassifizierung wird nur eine annähernd senkrechte oder nach hinten liegende Position gefordert.
100 Newton:
Diese Feststoffwesten sind nicht für die Benutzung auf dem Meer vorgesehen, sondern für den Einsatz auf Binnengewässern, in geschützter Lage. Der Kragen dieser Modelle ist mit Auftriebskörpern bestückt, die Westen erreichen damit eine eingeschränkte Ohnmachtsicherheit, abhängig von der Bekleidung. Ab 100 Newton sind Feststoffwesten sehr voluminös und daher für den Angler nicht geeignet.
150 Newton:
Diese Automatikwesten sind weit verbreitet, beliebt, bequem zu tragen, bezahlbar und auch immer häufiger bei norwegischen Vermietern zu leihen. Sie sind für alle Gewässer zugelassen und beim Tragen von normaler Bekleidung ist Ohnmachtsicherheit gegeben.
Aber: Wer trägt schon auf dem Boot Jeans, Turnschuhe und eine leichte Wetterjacke?
Niemand, denn auf dem Wasser ist es meist kühl und nass. Also werden Floating- oder Thermoanzüge, lange Unterwäsche, dicke Jacken und schwere Stiefel angezogen. Durch die schwere Kleidung ist die Ohnmachtssicherheit dieser Westen nicht mehr gegeben.
275 Newton:
Mit diesen Modellen sind Sie auf der sicheren Seite, wenn kein Floatinganzug getragen wird. Der große Auftrieb dreht den Verunglückten auch mit schwerer Kleidung in eine ohnmachtsichere Lage. Dabei sind die Modelle im gefalteten Zustand auch nicht viel größer oder schlechter zu tragen als die 150N Modelle. Auch der höhere Preis sollte kein Grund für die Wahl einer kleineren Weste sein!
In diese ein- oder zweiteiligen Anzüge sind an verschiedenen Stellen Auftriebskörper eingearbeitet – in der Regel mit 50 Newton Auftrieb. Floater sind also Schwimmhilfen, entsprechend einer 50N Weste, gedacht für den Einsatz in geschützten Gewässern, wo Hilfe in der Nähe ist. Die sicherheitsrelevanten Angaben stehen auf einem Schild im Anzug. Bei den meisten Modellen finden Sie dort die Zertifizierung nach der Norm EN393 oder neuerdings nach ISO 12402-5. Diese bescheinigt dem Anzug den Auftrieb von 50N, gibt aber keine Auskunft über den thermischen Schutz. Ein solcher Floater ist unserer Meinung nach ohne zusätzliche Rettungsweste keinesfalls geeignet, um damit Fjord und Meer zu befahren. Das ist aber leider die gängige Praxis und uns wird schnell der Eindruck vermittelt, ausreichend sicher zu sein.
So soll der Floater funktionieren:
Nach einemSturz insMeer dringtWasser in den Anzug ein. Durch die eng anliegenden Bündchen an den Öffnungen kann es nicht zirkulieren und die Körperwärme ungehindert an die kalte Umgebung abgeben. Der Körper erwärmt dasWasser im Anzug, die isolierende Schicht schützt vor kaltem Wasser von außen. Je weniger sich der Träger im Wasser bewegt, desto weniger Wärme geht verloren. Bisher sind leider erst wenige Anzüge nach der EN ISO 15027 Teil 1-3 Norm (Schutzbekleidung gegen Unterkühlung im Wasser) zertifiziert. Die Norm unterscheidet vier Schutzklassen von A bis D. Für den Test setzen sich Personen im Anzug Eiswasser (unter fünf Grad) aus und es wird gemessen, wie lange es dauert, bis die Körpertemperatur um zwei Grad fällt.
Wassertemperatur | Schutzklasse AgeschätzteSchutzzeit | Schutzklasse BgeschätzteSchutzzeit | Schutzklasse CgeschätzteSchutzzeit | Schutzklasse DgeschätzteSchutzzeit |
< 5°C | 6 Std. | 2,5 Std. | 1,5 Std. | 1 Std. |
5°C – 10°C | 9 Std. | 4,5 Std. | 2,5 Std. | 1,5 Std. |
10°C – 15°C | 15 Std. | 7 Std. | 4 Std. | 2 Std. |
15°C – 20°C | 24 Std. | 15 Std. | 6 Std. | 3 Std. |
In zweiteiligen Modellen ist die Wasserzirkulation natürlich schwieriger zu verhindern. Und gerne wird die Jacke auf See ausgezogen, wenn die Sonne scheint. Gehen Sie aber nur in Floater-Hose über Bord, wird es ernst. Denn die Auftriebskörper in den Beinen erschweren es, den Kopf über Wasser zu halten und der Kälteschutz ist gar nicht mehr gegeben.
Das goNorge-Team trug bisher 275N-Automatikwesten in Verbindung mit einteiligen Floatinganzügen. Damit haben wir uns immer gut ausgerüstet gefühlt. Doch wir wollten der Sache mit der Sicherheit mal genauer auf den Grund gehen. 2005 begannen wir mit einem ersten Test: Um zu sehen, ob ein Floater auch im sechs Grad kalten Wasser Südnorwegens seinen Dienst erfüllt und ob eine über Bord gegangene Person wieder ins Boot zu bekommen ist, sprang einer von uns vom Hafen-Steg. Wir mussten feststellen, dass es uns mit zwei Mann kaum möglich war, unseren „verunglückten“ Teamkameraden aus dem ruhigen Hafenwasser ins Boot zu ziehen. Konsequenz: Heute befindet sich immer eine kurze Strickleiter an Bord!
ImSommer 2009 dann der nächste Versuch:
Diesmal ging es mit Floater und 275N-Weste im Hafenbecken über Bord. Die Testperson blieb bäuchlings im Wasser liegen. Die Automatikweste entfaltete sich optimal, drehte den Probanden aber nicht in Rückenlage! Die Auftriebskörper im Anzug ließen Beine, Arme und Körper derart auftreiben, dass dieWeste die Drehung in eine ohnmachtssichere Position nicht ausführen konnte. Nur durch eigene Bewegung drehte sich der Tester. Doch schon nach kurzer Zeit trieben Beine und Körper wieder auf und der Kopfwurde so in Rücklage gebracht, dass bei einer Ohnmacht Wasser in die Atemwege eindringen könnte. Dieses Ergebnis überraschte uns. Natürlich haben wir nicht alle Floater- Modelle auf demMarkt getestet, sondern nur unsere eigenen. Doch die arbeiteten im Härtetest nicht optimal mit den Rettungswesten zusammen, da der Auftrieb des Kombi-Anzugs die Funktion der Weste einschränkte. Eine Alternative musste her. Fündig wurden wir bei Ki Elements. Der norwegische Hersteller produziert Sicherheits- und Schutzbekleidung für Industrie und Fischerei, darunter ein „Floater“ ohne eigenen Auftrieb, aber mit eingebauter Automatikrettungsweste.
Diesen testeten wir unter anderem im September 2009 auf der Insel Kvaroy nahe dem Polarkreis. Die integrierte Rettungsweste besitzt die EN396 Zertifizierung und der Anzug die ENISO 15027 1-3, Klasse D. Wir verwendeten ein wattiertes, atmungsaktives Modell – aufgrund fehlender Auftriebskörper deutlich dünner als unsere vorherigen Floater. So lief es ab: Beim Auftreffen aufs Wasser entfaltet sich die Schwimmweste und dreht den Träger in Rückenlage. Durch den fehlenden Auftrieb im Anzug nimmt der Proband eine stabile, ohnmachtssichere Position im Wasser ein: Der Kopf wird aufrecht über Wasser gehalten und bietet den größtmöglichen Abstand der Atemwege zur Wasseroberfläche.
Selbstverständlich ist jede Schwimmweste und jeder Floatinganzug besser, als nichts. Und auch mit der Kombination Floater und 275N-Weste sind Sie auf See immer besser beraten als mit Ölzeug oder anderer Kleidung. Wir haben für uns das Optimum mit dem Kombi-Anzug gefunden.